Der Stahlbau und mit ihm die Skelettbauweise, wie sie Le Corbusier 1915 in seinem Maison Domino bekannt gemacht hat, prägen den Systembau. Seine Aufgabe ist es bis heute, in kurzer Zeit Provisorien zu errichten. Der neuste Jahresband der Thurgauer Denkmalpflege ist diesen Bungalows gewidmet und rollt deren Entwicklung detailreich auf. Mit Verweis auf das Hochparterre-Themenheft «Bauen mit System» vom vergangenen Mai stellt die Autorin Tanja Reimer allerdings fest, dass der Systembau heute nur noch eine untergeordnete Rolle spiele. Die Architekten hätten sich aus dem Diskurs über diese Bauaufgabe verabschiedet.
Bilder: Denkmalpflege Thurgau
Obwohl das Gebäude aus der Zeit gefallen ist, könne man daran lernen, wie mit einem intelligenten Fügeprinzip und mit Elementen dem Kostendruck begegnet werden kann.
An drei Beispielen zeigt der Band Bungalow-Lösungen, die von Thurgauer Unternehmen erfunden, umgesetzt oder adaptiert wurden. Anlass zum Buch war die Umplatzierung eines vorfabrizierten Baus in den Park rund um die Kantonsschule Frauenfeld. Im Park steht auch die Villa Sonnenberg, in der die kantonale Denkmalpflege ihre Räume hat. Dort wurde – als Sitzungszimmer und Bibliothek – der einst vom lokalen Stahlbauunternehmen Tuchschmid entwickelte Pavillon neu aufgebaut. Ursprünglich war er 1970 als Erweiterung eines Wohnhauses der Besitzerfamilie Tuchschmid aufgestellt worden. Der Prototyp war eine Adaption des deutschen Systems der Hoesch-Werke in Dortmund von 1963. Hoesch hatte kunststoffüberzogene Bleche entwickelt, das Material nannte sich «Platal». Obwohl 1970 dieses Produkt in Deutschland schon nicht mehr produziert wurde, kopierte das Frauenfelder Unternehmen das Sandwich-Prinzip – wer alles beteiligt war, liess sich nicht mehr lückenlos rekonstruieren.
Als der Bungalow und das dazugehörende Haus 2012 einem Neubau weichen mussten, machte ein Mitarbeiter des Architekturbüros Staufer & Hasler die Denkmalpflege auf die Einmaligkeit dieses Baus aufmerksam. In letzter Minute gelang die Rettung: Der Bungalow wurde von den Mitarbeitenden der bis heute existierenden Stahlbaufirma Tuchschmid demontiert und, um zwei Elemente verkleinert und neben der Villa Sonnenberg wieder montiert. Obwohl das Gebäude aus der Zeit gefallen ist, könne man daran lernen, wie mit einem intelligenten Fügeprinzip und mit Elementen dem Kostendruck begegnet werden kann. Neue hybride Konstruktionen, die architektonisch, konstruktiv bauphysikalisch und wirtschaftlich überzeugen, seien nach wie vor eine Herausforderung.
Erhalten und neu genutzt ist auch die ehemalige Kantine der Firma Saurer in Arbon, die heute das Restaurant und Hotel Wunderbar beherbergt. Errichtet wurde das Provisorium innert nur drei Monaten aus Durisol-Elementen 1945 nach Plänen der Zürcher Architekten Dubois & Eschenmoser. Von Anfang an verlangten die Behörden wegen der direkten Lage am Bodensee eine gute Gestaltung. Die sorgfältige Fassadenstruktur ist bis heute erhalten. Mehrfach umgebaut und umgenutzt hat der Bau seinen Charakter bewahrt. Die markanten, sich nach oben öffnenden V-Stützen sind weiterhin sichtbar, und die «Wunderbar» ist – vor allem im Sommer – ein beliebter Rastort an der stark frequentierten Bodensee-Veloroute.
Nur noch als Modell im Ortsmuseum Arbon erhalten ist dagegen ein Pavillon, der einst als Aufbau auf dem Schedler’schen Fabrikgebäude gestanden hatte. Der Stahlbau wurde in den frühen 1930er-Jahren errichtet und sollte ebenfalls als Prototyp dienen. Doch über diesen einen Typ hinaus schaffte es auch dieses Modell nicht. 1987 wurde der Pavillon durch einen anderen Aufbau ersetzt. Ein Teil der Pläne und Modell sind aber noch erhalten.
Beide Stahlbau-Bungalows liessen sich damals allein mit Manneskraft aufbauen. Heutige Arbeitssicherheitsvorschriften haben aber verlangt, dass der Tuchschmid’sche Pavillon in Frauenfeld mit einem Kran neu aufgebaut wurde.
Bilder: Denkmalpflege Thurgau
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