Mit «Schuhschachtel-Architektur» muss irgendwann Schluss sein, findet der renommierte Münchner Architekt Peter Haimerl. Deshalb hat er in einem neuen urbanen Quartier in Riem auch für ein klares Statement gesorgt: das Wabenhaus – Bauen und wohnen geht, mit Verlaub, auch ganz anders. 

In konventioneller Massivbauweise gebaut, setzen sich sechseckige, horizontal aufeinander gestapelte, wabenförmige Röhren zu einem Cluster in Form eines grossen Wabenstocks zusammen.

Fotos: Edward Beierle

Der Wabencluster ist optimal für genossenschaftliches Leben. Er ist gemeinschaftlich, er ist sozial, er ist einbindend und er öffnet sich zu allem, auch zur Nachbarschaft hin.

Nein, ein Haus muss nicht zwingend daherkommen wie ein Haus. Zusammen mit der Wohnungsbaugenossenschaft Wogeno hat Haimerl zusammen mit seinem Team das Wabenhaus Mama realisiert und 2023 fertiggestellt. In konventioneller Massivbauweise gebaut, setzen sich sechseckige, horizontal aufeinander gestapelte, wabenförmige Röhren zu einem Cluster in Form eines grossen Wabenstocks zusammen. Der grosse Vorteil neben dem aufregenden Look? Das in der Natur weit verbreitete Prinzip der Hexagonalstruktur erlaubt nicht nur intelligente räumliche Verschachtelungen, es bietet auch unzählige Kombinationsmöglichkeiten von Raumeinheiten und Clustern – Wände verschwinden und werden zu Verbindungstreppen oder Raumtaschen. Kurz: Der Wabencluster ist optimal für genossenschaftliches Leben. Er ist gemeinschaftlich, er ist sozial, er ist einbindend und er öffnet sich zu allem, auch zur Nachbarschaft hin.

Eine Form provoziert Kreativität 

Jede einzelne Wabe ist im Querschnitt gleich dimensioniert: Die «gestauchte» Form mit einer Raumhöhe von 2,65 Metern und spitzen Winkeln von 36,2 Grad in den Seitennischen hätten sich hinsichtlich der Neigung als perfekt erwiesen, so Haimerl. Für die Nischen hat das Büro die «Dreiecke» entwickelt, die als Zwischenstufe, Stauraum, Stellfläche oder Podest für Möbel dienen können. Spezielle Möbeleinbauten für die Schrägen – sei es ein Bett, eine Liegelandschaft, ein Regal oder ein ausziehbarer Tisch – sind für die Bewohnerinnen und Bewohner optional. Aber auch gerade Wände finden sich im Wabenhaus, zudem bietet jede Wohnung Platz für einen eigenen Schrank oder ein eigenes Bett. Wie es sich anfühlt, in der Wabe zu wohnen? «Prima! Am besten gefällt mir das Schlafen auf dem erhöhten Bett und der Blick, wenn man aufwacht», meint eine junge Bewohnerin. «Aber auch der kreative Umgang, den diese Wabenform erfordert, gefällt mir.» Was neben dem zahlreich vorhandenen Stauraum und der Multifunktionalität der Möbelelemente sofort auffällt: wie hell die Räume sind. Nicht alle Wohnungen sind durchgesteckt, jede Wabe ist jedoch über ihre gesamte Breite verglast.

Vom Prototyp zur Modularität

Seine Wabenidee will Peter Haimerl nun skalieren. Sein Ziel ist es unter anderem, die zahlreichen Schnittstellen, die bei seinem Prototyp noch gegeben waren, durch Modularisierung zu reduzieren. Ausserdem könnte etwa eine Struktur aus Betonrippen mit einer Ausfachung aus Erd-Lehm-Werkstoffen den Materialverbrauch deutlich minimieren. «Wir müssen den Bau revolutionieren und gute Lösungen multiplizieren. Dies geht nur mit Hightech, KI und Industrie. Ich will die Wabe mannigfach», erklärt Haimerl.

Projektdaten
Wabenhaus, 2023

Den-Haag-Strasse, München-Riem

Architektur: Peter Haimerl, München
Gesamtfläche: 2’162 m2. Zwei Häuser: das Gartenhaus, ein konventioneller Riegel mit 15 Familienwohnungen à 4 bis 5 Zimmern, und das Wabenhaus.

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