Die Mieter merken, dass sie keine Heizkosten bezahlen müssen. Im letzten Sommer hat sich das System Kegel schon sehr bewährt, weil wir damit auch kühlen können. Als es draussen 32 Grad warm war, herrschten im Haus angenehme 24 Grad.
Walter Schär, Inhaber Schaerraum
Herr Schär, Schaerraum ist Bauherr des Mehrfamilienhauses Neuraum in Horw. Wie kam das Projekt zustande?
Walter Schär: Vor drei Jahren habe ich das Unternehmen Schaerholzbau an meine Söhne übergeben. Somit habe ich nun mehr Zeit, mich meiner anderen, kleinen Firma Schaerraum zu widmen.
Das Neuraum-Gebäude steht auf einem ehemaligen, nicht mehr benötigten Werkplatz von Schaerholzbau. Für mich war das eine Chance auszuprobieren, ob wir es schaffen, ein Wohngebäude hinzustellen, das mehr Energie produziert, als es braucht, und in dem die Mietpreise erschwinglich sind.
Apropos Mietpreise, die liegen in den neuen Wohnungen rund 20 Prozent unter dem ortsüblichen Durchschnitt. Wie ist Ihnen das gelungen?
WS: Bezahlbare Wohnungen ist ein Thema, das die Architektur und die Gesellschaft zurzeit sehr beschäftigt. Alle scheinen auf einen Erfinder à la Elon Musk zu warten, der uns die Antwort auf diese Frage liefert. Meines Erachtens geht es aber nicht anders als über die Reduktion der Fläche. Wir erreichen mit unserem Modell «RaumRaster» einen Flächenbedarf, der pro Person 10 bis 20 Prozent unter dem Schnitt liegt.
Dank der standardisierten Bauweise konnten wir den Neubau zudem in nur 7,5 Monaten fertigstellen und damit die Baukosten gegenüber einer herkömmlichen Bauweise um 20 Prozent reduzieren. Nicht zuletzt brauchen die Mieter für Strom und Heizung kaum etwas zu bezahlen, denn die Energie stammt von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach – wir produzieren 50 Prozent mehr Strom, als das gesamte Haus mit allen Bewohnern inklusive Wärmepumpe brauchen.
Wie funktioniert der «RaumRaster»?
WS: Ein räumliches Raster aus Holz mit Aussteifungskreuzen aus Stahl, quasi ein Skelett, trägt die gesamte Last des Gebäudes und steht auf einem Betonsockel. Mittels Leichtbauwänden werden innerhalb des Rasters die Räume und Wohnungen abgetrennt. Ein Raummodul von 3,5 mal 3,5 mal 3 Metern diente als Einheit, um die Wohnungen unterschiedlicher Grössen in das Gebäude zu packen. Die Grundrisse sind somit auch flexibel. Als beispielsweise einer unserer Neumieter sich ein Zimmer mehr wünschte, konnten wir die Zwischenwände problemlos verschieben, da keine Wand eine tragende Funktion hat. Und falls dereinst einer der Ateliernutzer im Erdgeschoss gerne eine Wendeltreppe in seine Wohnung im ersten Geschoss einbauen möchte, schneiden wir dafür innerhalb eines Rasterfeldes einfach ein Loch in die Decke und müssen nicht mal einen Statiker holen.
War die Modulbauweise auch ein Thema?
WS: Bei der Modulbauweise braucht es grosse Produktionsräume sowie eine intensive Planung und clevere Lösungen für die Schnittpunkte, wenn man nicht auf einen bestehenden Typus zurückgreifen kann. Meine kleinste Form sind die 3,5 mal 3,5 Meter; die kann ich einfacher ins Projekt einpassen als ein grossvolumiges Modul.
Einzig die Nasszelle wurde als Modul vorfabriziert. Schaerholzbau hat es zusammen mit dem Ingenieur Beat Kegel entwickelt.
Sie bezeichnen diese Nasszelle auch als «Kachelofen 2.0». Was hat es damit auf sich?
WS: Meine Idee war, analog zum früheren Stubenofen im Zentrum der Wohnung eine Kiste, eine Maschine, hinzustellen, die sehr viel kann. So werden die komplexen Dinge an einem Punkt konzentriert, dafür können die restlichen Flächen einfach Räume sein.
Das vorfabrizierte Modul enthält das Badezimmer und an seiner Aussenseite den Sanitärbereich der Küche. Ebenfalls darin integriert ist die gesamte Haustechnik: Neben Wasser- und Abwasserverteilung auch die Heizung in Form eines Umluftkonvektor in der Decke. Die warme Luft verteilt sich via Wandschlitzen oder Überströmer in die restlichen Räumen.
War es nicht ein Risiko, dieses neue Konzept gleich in 13 Wohnungen einzusetzen?
WS: Doch, natürlich. Deshalb haben wir in einer anderen Liegenschaft vorab eine Probewohnung mit Kachelofen-Modul eingebaut. Ich und zehn andere Parteien haben das getestet und für gut befunden.
Die Bewohnerinnen und Nutzer sind im Dezember 2020 eingezogen. Wie sehen die Rückmeldungen nach 15 Monaten aus?
WS: Die Mieterinnen und Mieter sind überwiegend zufrieden bis begeistert. Sie sind froh, dass sie in einem nachhaltigen Gebäude wohnen dürfen. Ich selbst bin mit meiner Frau, nach 25 Jahren in einem Einfamilienhaus mit grossem Garten, hier eingezogen. Obwohl wir unsere Wohnfläche auf einen Drittel reduziert haben, ist die Lebensqualität sehr hoch. Ich habe im ersten Jahr noch oft im Technikraum vorbeigeschaut, weil es mir wichtig war, dass das Hausklima für alle stimmt. Die Mieter bekommen aber von der ganzen technischen Seite nichts mit. Sie merken einfach, dass sie keine Heizkosten bezahlen müssen. Im letzten Sommer hat sich das System Kegel schon sehr bewährt, weil wir damit auch kühlen können. Als es draussen 32 Grad warm war, herrschten im Haus angenehme 24 Grad.
Schreiben Sie einen Kommentar
Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.