Mitten in Berlin steht ein hochspannendes Labor für die Kreislaufwirtschaft: Beim CRCLR geht es darum, die historische Fassladehalle der Kindl-Brauerei umzunutzen und langfristig als nachhaltigen Kultur- und Gewerbestandort zu sichern. Gleichzeitig werden zeitgemässe Wohnungen in modularer Holztafelbauweise darauf aufgestockt sowie Wohn- und Gewerbenutzungen anhand von Kreislaufprozessen vielfältig miteinander verbunden.
Bilder: zvg
Ziel ist es, ein Zero-Waste-Haus zu bauen, in dem Materialkreisläufe so miteinander verbunden werden, dass die Abfallstoffe der einen als Sekundärrohstoff der anderen Nutzenden fungieren.
Das Zusammenwirken von Wohnen, Arbeiten und gemeinschaftsorientiertem Leben ist das Leitthema des CRCLR-Hauses – dessen Name sich von «Circular Economy» ableitet. Das bestehende Gebäude wurde mit wenigen Eingriffen wieder nutzbar gemacht und ist seit 2016 als Veranstaltungsort, Co-Working-Space sowie Künstleratelier im Betrieb. Nun wird es um eine 2,5-geschossige Aufstockung in modularer Holztafelbauweise erweitert.
Um das «Circular-Building» zu implementieren, wurden zu Beginn drei Leitprinzipien definiert: Erstens sollten schwergewichtig gebrauchte Materialien wiederverwendet werden. Zweitens sollte auch die sogenannte «Disassembly», also der Rückbau, bereits schon mitgedacht werden. Und drittens sollte das Gebäude durch die Verwendung von natürlichen Baustoffen einen positiven Fussabdruck hinterlassen.
Erkenntnisse auf dem Weg zum Zero-Waste-Haus
Ziel ist es, ein Zero-Waste-Haus zu bauen, in dem Materialkreisläufe so miteinander verbunden werden, dass die Abfallstoffe der einen als Sekundärrohstoff der anderen Nutzenden fungieren. So soll eine Art Mini-Ökosystem entstehen, in dem die Bewohnerschaft und das Gewerbe durch Materialkreisläufe technischer, organischer und sozialer Natur eng und vielfältig miteinander verbunden sind. Ein Beispiel: In der neuen Halle soll neben Vorträgen und Diskussionen vor allem an sogenannten «Challenges» gearbeitet werden. Diese drehen sich um ganz konkrete Herausforderungen, zum Beispiel die Frage, wie man aus dem Berlin Festival ein «Zero Waste Event» machen könnte, wie man auf Kompostabfällen Pilze zum Essen oder zur Wärmedämmung züchten kann, oder wie man mit selbstgebauten Filtersystemen den Wasserverbrauch im eigenen Bad um 90 Prozent reduzieren kann.
Während der laufenden Arbeiten am Gebäude haben sich bereits eine Vielzahl von Erkenntnissen eingestellt: So hat sich etwa die Aufteilung der Bauaufgaben zwischen Fachfirmen und einem experimentellen «zirkulären Team», das eigens für die CRCLR-Baustelle geschaffen wurde, bestens bewährt. Weiter hat sich gezeigt, dass sich langlebige Materialien wie Granit, Ziegel oder Keramik leichter wiederverwenden lassen. Standardkomponenten wie Fenster und Türen können dann gut wiederverwendet werden, wenn die Planung frühzeitig erfolgt und die Abmessungen anpassbar sind. Für das Projekt wurde auch die Stadt Berlin als Materiallager genutzt, und die Suche nach geeigneten Bauteilen aus anderem Abbruchbaustellen war erfolgreich. Und was die Ausführung betrifft, sollte man mit einer längeren Vorbereitung oder einer Anpassung des Materials rechnen.
Fokus auf Wiederverwendbarkeit
Beim zirkulären Bauen geht es nicht nur darum geht, was gebaut wird, sondern auch darum, wie es gebaut wird. Die ganzen Materialien und Komponenten sollten immer so verbaut werden, dass sie nach dem Ablauf ihrer Nutzungsdauer wiederverwendet werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, wird im CRCLR-Projekt auf mehrere Massnahmen gesetzt: So werden zum einen bewusst positive, mehrwertige Baustoffe verwendet. Zum anderen gibt es viele neue Komponenten, die nachhaltig und kompostierbar sind. Auf diese Weise können auch neue Ressourcen später in einen natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden. Ein gutes Beispiel ist die Innendämmung der Südfassade: Die Dämmung besteht aus Holzplatten, selbstgemischtem Lehmputz und Holzfaserdämmplatten – alles recycelbare oder kompostierbare Materialien. Die verschiedenen natürlichen Baustoffe bringen viel Kreislaufgerechtigkeit mit, denn sie lassen sich einfach trennen und sind leicht zu verarbeiten.
Weitere Anforderungen
Einen hohen Stellenwert geniessen beim CRCLR auch modulare Lösungen. Ein Beispiel sind rückbaubare Verbindungen; statt auf Klebstoff wird also auf Schrauben, Muttern und Bolzen gesetzt.
Ein starker Fokus liegt ausserdem auf der Zugänglichkeit und Vereinfachung der Konstruktionen – die Architektinnen und die Planer achten darauf, dass alles leicht repariert werden kann, dass gemeinsame Werkzeuge verwendet und gewisse Standards beachtet werden. So wurde zum Beispiel die gesamten Elektro- und Gasinstallationen des Hauses so angelegt, dass spätere Rückbau- oder Reparaturarbeiten einfacher möglich sind.
Schliesslich werden sämtliche Konstruktionsdetails dokumentiert, um Reparaturen zu einem späteren Zeitpunkt zu vereinfachen oder auch nur, um wertvolle Erfahrungen zu sammeln und teilen zu können. Gebäude werden so zu temporären Materiallagern und nicht zum endgültigen Ziel für Bauteile und Materialien.
Gebäude werden so zu temporären Materiallagern und nicht zum endgültigen Ziel für Bauteile und Materialien.
Bilder: zvg
Bilder: zvg
Projektinformation
CRCLR House, Rollbergstrasse 26, Berlin
Auftraggeberin: TRNSFRM
Architektur: Hütten und Paläste
Baubeginn: 2019
Wohnfläche: 2525 m²
Gewerbefläche: 2346 m²
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