Während im Engadin viele Hotelbetriebe Schwierigkeiten haben und es insbesondere an Angeboten im Niedrigpreis-Segment fehlt, eröffnete 2015 mit der Bever Lodge in Bever eine neue touristische Attraktion. Das Besondere: Die Zimmer der Lodge wurden als modulare Holzeinheiten konzipiert. Wir fragten bei Geschäftsführer Marco Zeller nach, wie das Modulhotel angenommen wird.
Bilder: Bever Lodge und Gianni Baumann
Marco Zeller, wie geht es Ihnen und Ihrer Lodge heute?
Marco Zeller: Mit der Bever Lodge sind wir auf Kurs – der Geschäftsgang entwickelt sich so, wie wir uns das vorgestellt haben. Natürlich gibt es noch Tage, an denen wir froh über mehr Gäste wären, doch das aktive Publikum, das wir ansprechen – im Sommer hauptsächlich Wanderer und im Winter Langläufer – reagiert ausgesprochen positiv auf unser Angebot. Und mir und meiner kleinen Familie geht es ebenfalls gut – wir sind hier im schönen Bever oben angekommen und fühlen uns sehr wohl.
Wie haben Sie den Start der Lodge erlebt?
MZ: Nun, ich war ja schon in der Projektphase mit dabei und konnte mich entsprechend früh einbringen. Die Gemeinde wünschte sich ein Hotel, worauf sich eine Investorengruppe zusammenfand, die dann wiederum Betreiber suchte. Nachdem klar war, welches Publikum angesprochen werden sollte, fiel die Entscheidung, die Lodge in einer Modulbauweise umzusetzen – zu jenem Zeitpunkt war ich allerdings noch nicht mit an Bord. Ich fand die Zusammenarbeit mit den Architekten und Planern dann aber natürlich hochspannend – und war sehr positiv überrascht von der Tatsache, dass das Hotel innert kürzester Zeit stand – gerade mal 8,5 Monate dauerte es vom Spatenstich bis zur Eröffnung.
War die modulare Bauweise denn auch günstiger?
MZ: Nein, das nicht. Doch eben wesentlich schneller – und dies stellte für uns einen durchaus gewichtigen Vorteil dar. Toll fand ich auch, dass nach der Planungsphase ein Musterzimmer produziert wurde. Die Masse dieses Zimmers waren gegeben, doch der Innenausbau stellte uns vor einige knifflige Herausforderungen – da war viel Cleverness gefragt, auf 21 Quadratmetern Fläche Lösungen zu finden. Nach unserer Prüfung und einigen Retouschen stellten wir dieses Zimmer dann auf das Areal, wo Interessierte es sich ansehen konnten. Auf diese Art und Weise erregten wir ein erstes Mal viel Aufmerksamkeit.
Sie nutzten das Musterzimmer fürs Marketing?
MZ: Genau. Architekten, Betreiber und Marketingspezialisten haben vieles im Team diskutiert – was zu einigen sehr spannenden und neuartigen Ideen führte. Zum Beispiel haben wir unser gebrandetes Musterzimmer im Winter auch an die Strecke des berühmten „Engadiner Ski-Marathons“ aufgestellt. Auch diese Aktion hatte einen spürbaren Werbeeffekt!
Und wie ging der Bau über die Bühne?
MZ: Die Zimmer der Lodge wurden von FH Architektur als modulare Holzeinheiten konzipiert. Gebaut wurden die Module in Savognin von der Firma Uffer. Die fixfertigen Zimmer – in ihnen waren sowohl die Betten wie auch alle Anschlüsse schon drin – wurden anschliessend per Tieflader über den Julier nach Bever transportiert. Am Heck der LKW hing dabei jeweils ein Schild: „Ich bin ein Hotelzimmer und reise von Savognin in die Ferien!“. Hier vor Ort staunten wir dann über zwei Dinge: Erstens, wie schnell unser Hotel stand – innerhalb von 5 Tagen kam das Dach auf die Module. Und zweitens über die Millimeterarbeit, die nötig war. Das Treppenhausmodul passte zum Beispiel gerade mal ganz knapp unter der letzten Brücke, die nach Bever führt, hindurch. Nach der Montage brauchten wir in den Zimmern dann nur noch abzustauben und die Lampen und den TV zu montieren. So etwas wurde bis zu jenem Tag in der Schweiz noch nicht gemacht.
Wie erleben Sie, Ihr Team, aber auch Ihre Gäste den Bau?
MZ: Grundsätzlich sehr positiv! Nachdem wir nach dem Start noch viele Interessierte aus Architekturkreisen bei uns oben hatten, ist das Modulare heute eigentlich kein grosses Thema mehr. Alles funktioniert so, wie es sollte – und vielen Gästen fällt die besondere Bauweise gar nicht auf. Kurz: Der Bau bewährt sich!
Gibt es denn etwas, das nicht passt?
MZ: Weil bei uns alle Zimmer identisch sind und wir nur einige wenige Zimmer anbieten, die über eine Verbindungstür verfügen, können wir insbesondere Familien mit kleinen Kindern nicht immer ein ideales Angebot machen. Ein echtes Problem stellt dies zum Glück aber nicht dar.
Sie sind mit dem ersten Modul-Hotel der Schweiz also glücklich?
MZ: Ja, auch nach den ersten beiden Betriebsjahren finde ich, dass das Projekt gelungen ist. Bever hat eine Vorreiterrolle eingenommen und ein schlichtes Konzept umsetzen lassen, das auf Holz und Naturfarben setzt und so bestens zur Umgebung passt. Die vorfabrizierten Zimmer der Lodge sind eine Weiterentwicklung des ressourcenschonenden Olympiazimmer-Projekts von Enrico Uffer und Gian Fanzun. Sie kommen bei unseren Gästen generell sehr gut an – wie übrigens auch die Lobby, das Restaurant und unser kleiner Wellness-Bereich. Und auch unsere 17 Mitarbeitenden – ein junges, engagiertes Team – äussern sich sehr positiv über ihre Arbeitsumgebung. Insofern bin ich der Meinung, dass Projekte dieser Art einiges an Potential haben – gerade hier im Engadin.
Besten Dank für das Gespräch.
Bild: Gianni Baumann
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