Der Container krempelte den weltweiten Handel um. Seither liegen die Häfen weltweit im Wettstreit um die stapelbare Kiste.
Quelle: Karsten Krüger-Kopiske
Hamburg liegt abgeschlagen auf Platz 18: Nur 8,8 Millionen Container wurden 2017 in der Hansestadt umgeschlagen, in Schanghai dagegen 40 Millionen. Weil die Elbe zu wenig Tiefgang hat, steuern die grössten Containerschiffe Wilhelmshaven an. Sind die Hamburger – wie 50 Jahre zuvor – zu wenig innovationsfreudig? Mitte der 1960er-Jahre hatten sich nämlich Politiker, Lagerhausgesellschaften und -dienstleister gegen Container gewehrt. Während in Bremen und Rotterdam erste Containerfrachten gelöscht wurden, entluden Hamburger Hafenarbeiter die Schiffe noch Kiste um Kiste, Balle um Balle, Fass um Fass – mit Kran, Sackkarre und Muskelkraft.
Diese Ineffizienz hatte den US-amerikanischen Transportunternehmer Malcom McLean schon 1937 zum Nachdenken gebracht. Knapp 20 Jahre später, am 26. April 1956, verliess sein umgebautes Tankerschiff Ideal X den Hafen von New Jersey mit 58 Transportkisten aus Aluminium an Bord. Dank Einheitsgrösse und vier Zapfen in der Bodenplatte, die in die rechteckigen Vertiefungen im Deck und in den Kistendeckeln passten, waren die Boxen stapelbar. Fünf Tage später nahmen 58 Lastwagen die Ladung in Houston, Texas, auf und brachten sie an ihre Bestimmungsorte.
Die Zeit ist reif
Seither gilt 1956 als Geburtsjahr des Containertransports. Container gab es aber schon vorher: Anfang des 20. Jahrhunderts beförderte eine US-Firma mit «Lift-Vans» (5,5 x 2,5 x 2,5 m) aus Stahl ihre Waren über den Kontinent und den Atlantik. In England boten die Eisenbahnen nach dem Ersten Weltkrieg intermodale Land-See-Behälter an, die bis zu vier Tonnen fassten und mit fahrbaren Kränen auf Schiffe oder Eisenbahnwaggons gehoben wurden; 1933 waren bereits 4000 Grossbehälter und 1000 Kühlbehälter im Einsatz. Im gleichen Jahr wurde in Paris das Bureau International des Containers (BIC) eröffnet, das bis heute die Seriennummern vergibt. Und 1952, vier Jahre vor McLeans sensationeller Erfindung, gründeten zwei deutsche Reedereien und die Deutsche Bahn eine Gesellschaft, die Behälter für den Liniendienst an die US-Ostküste bereitstellte. Kurz: Die Zeit war reif für die standardisierte Box. McLeans Verdienst war es, den Land- und den Wassertransport als durchgehende Kette zu denken.
Terminals im Wettstreit
1966 steuerte er mit der MS Fairland und 99 Containern an Bord erstmals Bremen an. Darauf erwachten auch die Hamburger: Am 31. Mai 1968 traf das erste Vollcontainerschiff mit 1200 Containern ein und läutete einen 40 Jahre dauernden Boom ein. Im Rekordjahr 2007 wurden im Elbe-Hafen 27 000 Container pro Tag abgefertigt. Doch die bedeutendsten Häfen liegen heute nicht mehr am Atlantik. Nach Schanghai fertigten Singapur (33,7 Mio.) und Shenzen (25,2 Mio.) 2017 am meisten Container ab. Rotterdam (13,6 Mio.) und Los Angeles (9,3 Mio.) folgten auf den Plätzen 11 und 17, immerhin noch vor Hamburg.
Dank Einheitsgrösse und vier Zapfen in der Bodenplatte, die in die rechteckigen Vertiefungen im Deck und in den Kistendeckeln passten, waren die Boxen stapelbar.
FACTS AND FIGURES
> Rund 90 Prozent des weltweiten Handels wird heute mit Containern abgewickelt.
> Die Logistik ist weltweit zum drittgrössten Sektor der Wirtschaft aufgestiegen.
> Die beiden häufigsten Standardcontainer sind acht Fuss (ca. 2,5 m) breit und zwanzig beziehungsweise vierzig Fuss (6 bzw. 12 m) lang, in der Regel 8,5 Fuss (2,6 m) hoch.
> Die Masseinheit TEU, mit der man heute Ladekapazitäten angibt, ist die Abkürzung von «twenty-foot-equivalent».
> Infolge der Sperrung des Suez-Kanals und der Ölkrisen transportierte man in den USA in den 1970er-Jahren die Container mit der Eisenbahn von Küste zu Küste (sogenannte landbrigde). 1981 kamen tiefergelegte Eisenbahnwaggons mit zwei übereinandergestapelten Containern auf. Heute kann ein Zug mit sogenannten double-stack railcars bis zu 300 40-Fuss-Container von Küste zu Küste transportieren.
> Alle 45 Sekunden kommt ein Container für Walmart, einen der weltweit grössten Einzelhandelskonzerne, in einem US-amerikanischen Hafen an.
> Einige Tausend Container gehen jährlich bei Stürmen und Schiffsunglücken über Bord.
> 21 413 Standardcontainer kann das derzeit grösste Containerschiff OOCL Hongkong laden.
> Ein Container wird heute innerhalb einer Minute
vom Schiff gehoben; ein einzelner Brückenfahrer schafft 30 bis 40
Container in der Stunde
(1969 wurden am Burchardkai in Hamburg 60 Container pro Stunde bewegt).
Quelle:
Alexander Klose, «Das Container-Prinzip», Hamburg 2009;
«Wie die Welt in die Kiste kam», Hintergrund vom 5.5.2016 auf ndr.de;
«50 Jahre Hamburger Hafen», Spezialthema in der Zeit Nr. 23/2018;
«Container – Geschichte» auf containersucher.com; wikipedia.org
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