Nach fünf Jahren Nutzung wird das provisorische Büro- und Therapiegebäude des Seespitals in Horgen ZH nicht mehr benötigt. Bald soll es woanders weitergenutzt werden. Das Beispiel zeigt: Dank ihrer Wiederverwendbarkeit passen Modulbauten bestens zum Konzept der Kreislaufwirtschaft. Damit es funktioniert, müssen Umzug und Weiterverwendung aber bereits von Beginn weg eingeplant werden.

Unsere Modulbauten sind auf eine Nutzungsdauer von vierzig Jahren und für drei bis vier Umzüge ausgelegt.

Michael Liechti, Marktentwickler und Vizedirektor bei Erne Holzbau

Keine Branche produziert mehr Abfälle als der Bau. Rund 75 Millionen Tonnen türmen sich pro Jahr auf – mehrheitlich aus dem Rückbau von Gebäuden. Abhilfe schaffen würde nur ein konsequenter Wechsel zur Kreislaufwirtschaft. Sei es, indem einzelne Bauteile wiederverwendet oder – noch besser –bestehende Gebäude möglichst lange genutzt werden. Eine Möglichkeit, die bereits in der DNA von Modulbauten verankert ist. Die vorgefertigten Raumelemente können – wenn technisch dafür vorbereitet – mehrfach an anderer Stelle weiterverwendet werden.

Modulbauspezialisten haben daraus ein eigenes Geschäftsmodell entwickelt: Sie bieten speziell auf die temporäre Nutzung ausgerichtete Bauten an: entweder zur Miete oder zum Kauf mit der Möglichkeit eines Rückkaufs. «Unsere Modulbauten sind auf eine Nutzungsdauer von vierzig Jahren und für drei bis vier Umzüge ausgelegt», sagt Michael Liechti, Marktentwickler und Vizedirektor bei Erne Holzbau. So hat das Unternehmen beispielsweise einen Modulbau, der einst als provisorisches Altersheim in Lenzburg diente, in der gleichen Funktion an zwei weiteren Orten eingesetzt. Heute ergänzt der Bau an seinem vierten Standort in Wil SG das Raumangebot der psychiatrischen Klinik. Aktuell sucht Liechti eine neue Nutzung für ein aus 140 Modulen bestehendes zweigeschossiges Gebäude mit 95 Räumen (siehe Box). Dieser dient derzeit als Büro- und Therapiegebäude des Seespitals im zürcherischen Horgen und könnte ab Frühling 2025 innert drei bis fünf Monaten an einen anderen Standort versetzt werden.

Variable Konfiguration beim Umzug

Die mehrfache Weiterverwendung von Modulbauten sieht auf den ersten Blick einfach aus, birgt aber einige Herausforderungen. Sie müssen bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Dazu zählen etwa die sich ändernden baulichen Vorschriften, das Trennen und Verbinden der haustechnischen Leitungen beim Umzug oder die städtebauliche Einordnung des Gebäudes an unterschiedlichen Standorten. Die baulichen Vorschriften sind heikel, weil sie von Kanton zu Kanton variieren. Zudem gelten die gebrauchten Modulbauten an einem neuen Einsatzort wieder als neuwertiger Bau und müssen deshalb auch Regeln genügen, die in zehn oder fünfzehn Jahren gelten werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Vorgaben zum Brandschutz und den Energiekennzahlen. «Hier orientieren wir uns jeweils an den aktuell strengsten Vorschriften und antizipieren mögliche Verschärfungen bereits bei der Planung, indem wir über die aktuellen Regeln hinausgehen», sagt Michael Liechti.

Bei den haustechnischen Anlagen wiederum kommt meist ein einfaches Konzept zur Anwendung: Jedes Modul wird für sich mit den Installationen für Heizung, Wasser, Abwasser und Strom ausgestattet. Die Leitungen führen alle zur Korridorseite, werden vor Ort mit den dort durchführenden Hauptleitungen verknüpft und beim Umzug wieder von diesen getrennt. Hier seien aber jeweils einige Vor- und Nacharbeiten nötig, sagt Fachexperte Liechti.

Bei der städtebaulichen Einordnung schliesslich geht es nicht ganz ohne Kompromisse: «Im Rahmen der Kreislaufwirtschaft wäre es unsinnig, bei jedem Umzug eine andere Fassadenverkleidung zu montieren», sagt Liechti. Deshalb wähle man von Beginn weg eine Gestaltung, die sich an vielen Orten gut einfügt – im Beispiel des Horgner Modulbaus etwa eine neutrale Verkleidung aus grauer Douglasie. Auf das Umfeld reagiert werden kann hingegen durch die Anordnung der Module. So umschliesst das Büro- und Therapiegebäude in Horgen aktuell einen kleinen Innenhof. Andernorts könnte derselbe Bau aber auch als hufeisenförmiges Gebäude, als Zeilenbau aufgesplittet oder eingeschossig wiederverwendet werden.

Die Modulanlage von ERNE mit rund 2‘800 m2 Fläche wird aktuell in sehr vielfältiger Funktion genutzt.

© ERNE AG Holzbau | Foto: Bernhard Strauss

Projektdaten
Büro- und Therapiegebäude Seespital Horgen

Geschossfläche: 2800 m2
Anzahl Geschosse: 2
Anzahl Räume aktuell: 95
Anzahl Module: 140
Konstruktionsweise: Holzmodulbau
Nutzung aktuell: Büro- und Therapieräume, Sitzungszimmer
Baujahr: 2019
Verfügbar ab: Frühling 2025
www.erne.net

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