Auf dem Bleicheareal in Wald hat ein Kran diesen Sommer 18 Betonmodule zu sechs Reiheneinfamilienhäuschen gestapelt. Die Module, die in Katalonien gefertigt und komplett ausgebaut wurden, kamen per Lastwagen in die Schweiz.
Längst stehen die Webstühle im Bleichequartier in Wald still: Die Otto u. Joh. Honegger AG (OJH AG) stellte 1988 nach rund 130 Jahren die Textilproduktion ein, da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stetig verschlechtert hatten.
Ein Kran stapelt die 18 Module innert weniger Tage aufeinander.
Um die schutzwürdigen Fabrikgebäude einer neuen Nutzung zuzuführen, erarbeitete die Firma zusammen mit Gemeinde und Kanton Sonderbauvorschriften mit denkmalpflegerischen Auflagen. Schritt für Schritt wandelte sich das ehemalige Industrieareal in den letzten 30 Jahren zu einem lebendigen Wohn-, Arbeits- und Ausgehquartier. In den einstigen Websälen und Fabrikgebäuden befinden sich heute Loftwohnungen, Gewerberäume, Ateliers, ein Hotel mit 25 Zimmern, die Bleichibeiz und das Bleichebad. 2016 kamen auf einem benachbarten Areal vier weitere Wohngebäude und ein Atelierhaus dazu.
Ende November 2018 sind sechs Reiheneinfamilienhäuser auf dem Lindenhof, direkt neben der alten Spinnerei, bezugsbereit. Die Häuser haben je 90 Quadratmeter Wohnfläche und bestehen aus jeweils drei vorgefertigten Betonmodulen. Jedes von ihnen misst 3,10 mal 13 mal 3,5 Meter. Ein Kran hatte die 18 Module innert weniger Tage aufeinandergestapelt.
Weit gereiste, komplett ausgebaute Module
Zuvor waren die zwischen 42 und 49 Tonnen schweren Module per Lastwagen aus dem 1200 Kilometer entfernten Cardona in der Provinz Barcelona nach Wald transportiert worden. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit einer katalonischen Firma? «Für das Projekt auf dem ehemaligen Industrieareal suchten wir Module, die am Fliessband produziert werden», erklärt Christoph Schneider, Projektleiter im Büro Moos Giuliani Herrmann Architekten, das die Reihenhäuser entworfen hat. Nachdem sie alle ihnen bekannten Produzenten von Holz-, Stahl- und Betonmodulen miteinander verglichen und die Vor- und Nachteile abgewägt hatten, sagt Schneider, entschieden sie sich letztlich für vorgefertigte Raumelemente aus Beton. Die Referenzobjekte des kalatonischen Herstellers Compacthabit – ein Studentenheim in Sant Cugat nordwestlich von Barcelona und das Bürogebäude des Brezelkönigs in Emmenbrücke – überzeugten die hiesigen Planer: «Unseres Wissens gibt es keinen vergleichbaren Mitbewerber, der Betonmodule so flexibel und komplett ausgebaut produzieren kann.»
Foto: Adrià Goula
Foto: In Situ
Die Vorteile der Lösung liegen für Schneider auf der Hand: «Wir haben das komplette Haus mit Ausnahme der Tragstruktur, der Dachhaut und der Wärmeerzeugung aus einer Hand erhalten.» Zudem sei der Massivbau auch bezüglich Brand- und Schallschutz sowie dem sommerlichen Wärmeschutz unproblematischer als ein Holzbau und man habe mit der gewählten Konstruktion auf eine Dampfbremse verzichten können.
Etwas Innovatives musste her.
Andreas Honegger, Bauherr der neuen Siedlung
Onlineportal züriost.ch, abgerufen am 15.10.2018
Kommentar
Bei Modulen aus Beton stellt sich umgehend die Frage: Kann das nachhaltig sein? Umsomehr wenn Sie per Lastwagen über mehr als Tausend Kilometer transportiert werden müssen. Die Frage konnte im Rahmen der Recherche nur bedingt beantwortet werden. Die Autoren vertreten die Haltung, dass Beton und Stahl als Materialien gut recyclierbar seien. Doch wäre hier eine Betrachtung des Lebenszyklus wohl angesagt, um eine fundierte Aussage machen zu können.
Genau diese Fragestellungen möchten wir mit Ihnen debattieren? Wo macht der Einsatz von Beton im modularen Bauen Sinn? Wo ist welches Material sinnvoll eingesetzt? Was bedeutet das Gewicht von vorfabrizierten Bauteilen für den Tranpsort? Welchen Einfluss hat der Produktionsort und der Transportweg auf die Baukosten.
Diese Fragen werden uns auch in Zukunft beschäftigen.
Weitere Informationen
Bauherrschaft: Otto & Joh. Honegger AG, Wald ZH
Architekten: Moos Giuliani Herrmann
Bauphysik: christian. herrmann. bau. energie. umwelttechnik., Andelfingen
Ingenieur: Forster + Linsi AG, Pfäffikon ZH
GF Modulbau SIA 416: 4585 m²
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