Der Tourismus in den Schweizer Bergen steht unter Druck. Einige grosse Hotels wählen die Flucht nach vorn und bauen aus, um mehr Gäste und Zielgruppen zu erreichen. So auch das Grand Hotel Terrace Engelberg. Derzeit verfügt es über rund 170 Zimmer verteilt auf einen Alt‐ und einen Erweiterungsbau.
2016 hat die Besitzerin, die Engelberg‐Trübsee‐Titlis AG, einen Studienauftrag für die Erweiterung und Erneuerung ausgeschrieben. Das Zürcher Architekturbüro Atelier ww schlug vor, das Hotel mit einem runden Hotelzimmer-Hochhaus aus Holz zu erweitern. Ihr Vorschlag rief – was nicht wirklich überrascht – bei der Jury allerdings deutliche ortsbauliche Kritik hervor. Das Beurteilungsgremium hatte aber auch «massive baurechtliche, politische und wirtschaftliche Bedenken, welche ein Weiterverfolgen des Hochhauskonzeptes als nicht zielführend erscheinen lassen», so der Jurybericht. Der Entwurf des Zürcher Atelier ww hat die Konkurrenz zwar nicht gewonnen, setzt aber bei der Dimension eines Holz-Hochhauses in der Schweiz neue Massstäbe. Denn hier wird Holz erst vorsichtig im mehrgeschossigen Wohnungsbau angewendet. In Rotkreuz etwa entsteht derzeit ein 36 Meter hohes, grösstenteils vorgefertigtes Holzhaus. Die Vorteile einer Holzkonstruktion liegen auf der Hand: Im Verhältnis zum herkömmlichen Massivbau ist der ökologische Fussabdruck deutlich kleiner. Und weil man für Holzbauten weniger Material benötigt, sind auch die Kosten mit dem Massivbau immer konkurrenzfähiger.
Der Entwurf von Atelier ww ist aber auch aus der Sicht des systematischen Bauens interessant. Er basiert auf einem rotationssymmetrischen Grundriss, der die Zimmer rundherum auffächert. Umlaufende Balkone zeigen die Geschosse nach Aussen an, das filigrane hölzerne Tragwerk leitet die Lasten ins Fundament und macht aus dem massigen Zylinder einen fein strukturierten Baukörper. «Bei unserem Projekt kommen Raum- und Tragkonstruktion zusammen, das macht es speziell», erklärt der Architekt Michael Frey von der Geschäftsleitung des Atelier ww, «und weil Holz kaum Wärme leitet, spielen Durchdringungen von Aussen nach Innen eine viel kleinere Rolle als etwa bei Beton-Tragstrukturen». Der zentrale und massive Kern übernimmt primär eine aussteifende Funktion, nimmt Wind- oder Erdbebenlasten auf. Die Torsionssteifigkeit der Gesamtstruktur, wird mit über die Aussenfassade und die abschliessenden Wandscheiben des Treppenhauses sichergestellt. Das angedockte und systematisierte Holztragwerk ermöglicht eine modulare und rationelle Bauweise innerhalb nur einer Bausaison. Die Wände sind nicht tragend, und gewährleisten eine angemessene Flexibilität in der Raumaufteilung.Radial angeordnete Unterzüge in Brettschichtholz tragen die massiven, kreuzverleimten Geschossdecken und leiten deren Lasten auf vertikale Stützen ab. Die Stützen der Normalgeschosse, ebenfalls in Brettschichtholz, liegen in analogen Achsen und leiten alle Lasten auf direktem Weg in die Fundation.«Ein grosser Teil der Bauelemente wären vorfabriziert worden, man könnte fast schon vom Regelgeschoss als Konstruktionsmodul sprechen», so Frey, «die Bauzeit in Bergregionen ist auf eine Sommersaison beschränkt . Unser Anspruch war ein Projekt, dass innerhalb eines Sommers realisiert werden kann.»
Bilder: atelier ww Architekten, Zürich
WEITERE INFORMATIONEN
Studienauftrag Timber Tower, 2016
Auftraggeberin: Bergbahnen Engelbert-Trübsee-Titlis AG
Architektur: atelier ww Architekten SIA AG, Zürich
Innenarchitektur: Ida 14 by Karsten Schmidt, Zürich
Holzbauplanung und -Entwicklung: Häring + Co., Eiken
Landschaftsarchitektur: Freiraumarchitektur, Luzern
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