Modulbauten werden zwar oft als Provisorien genutzt, stehen aber bezüglich Bauqualität vor Ort erstellten Holz- oder Massivbauten in nichts nach. Deshalb können sie mehrfach an neue Standorte gezügelt werden. Eine nachhaltige Lösung, die immer öfter zur Anwendung kommt.
Modulbauten haftet gerne das Image des Temporären an. Das kommt nicht von ungefähr: Oft stehen die Gebäude nur während kurzer Zeit an einem Ort und werden danach wieder abgebaut. Damit ist ihre Karriere aber noch nicht beendet. Denn die jeweiligen Standorte mögen zwar temporär sein, die Gebäude hingegen sind keine Wegwerfprodukte – sie haben dieselbe bauliche Qualität wie eine dauerhafte Lösung. Temporäre Schulbauten, wie beispielsweise die Pavillons «Züri Modular», wurden von Beginn weg für einen solchen Mehrfacheinsatz in unterschiedlichen Konfigurationen geplant. Sie verbleiben zwar im Besitz der Stadt Zürich, wechseln aber während den Jahrzehnten ihrer Lebensdauer unter Umständen mehrmals den Standort. Ein ähnliches Konzept verfolgen auch die Schulbehörden der Stadt Basel mit ihren temporären Schulbauten. «Da die Schüler und Lehrpersonen mehrere Jahre darin verbringen, braucht es eine hochwertige Lösung – ausserdem sollen die Bauten während ihrer Lebensdauer ja auch an mehreren Standorten zum Einsatz kommen können», sagt Stephan Hug, Schulraumplaner im Erziehungsdepartement Basel-Stadt. Deshalb werden in Basel seit 2010 grössere Modulbaueinheiten von Erne Holzbau erstellt. Verschiedene von ihnen haben bereits einen Standortwechsel hinter sich. So bilden beispielsweise die Module, die beim Schulhaus Hirzbrunnen standen, heute die neue Schulanlage Horburg. «Das Konzept hat sich sehr bewährt», sagt Schulraumplaner Hug. Zudem liessen sich die Bauten nicht nur für verschiedene Schultypen, sondern auch für Tagesstrukturen und weitere schulergänzende Nutzungen verwenden.
Eine Mehrfachnutzung von Modulbauten an wechselnden Standorten ist eine nachhaltige Lösung.
Samuel Bieber von Erne Holzbau
Nachhaltige Lösung
«Eine solche Mehrfachnutzung von Modulbauten an wechselnden Standorten ist eine nachhaltige Lösung», sagt Samuel Bieber von Erne Holzbau. Bei immer mehr institutionellen Bauherren und der öffentlichen Hand sei dieser Aspekt heute ein wichtiger Punkt, sich für einen Modulbau als vorübergehende Lösung zu entscheiden. Erne Holzbau bietet seit vielen Jahren wiederverwendbare Module an und hat daraus einen eigenen Geschäftsbereich entwickelt. Dabei haben die Kunden die Wahl zwischen Kauf, Miete, Leasing oder einer Rückkaufoption, die innerhalb einer gewissen Zeitspanne zu einem vorher vereinbarten Preis eingelöst werden kann. Dabei nimmt Erne Holzbau die Module wieder zurück und entschädigt den Kunden gemäss Abmachung. Die Einsatzmöglichkeiten der mehrfach verwendbaren Modulbauten sind gross: Neben Schulhäusern eignen sie sich auch für Bettenhäuser von Spitälern, Hotels, Büros oder Verkaufsflächen. «Optimal eignen sich vor allem Bauten mit repetitiven Räumen, die als einzelne Einheiten produziert und in verschiedensten Konfigurationen immer wieder neu aufgestellt werden können», sagt Bieber von Erne Holzbau. Die Zahl der Nutzungszyklen ist dabei hoch: So hat das Unternehmen beispielsweise modulare Filialen für Banken schon bis zu 25 Mal gezügelt. Ein anderes Beispiel sind Module, die 2013 als Provisorium für das Alterszentrum Obere Mühle in Lenzburg dienten. Vier Jahre darauf kamen sie in Schwyz zum Einsatz, und seit diesem Sommer stehen sie vorübergehend beim Zentrum für Gesundheit und Alter in Affoltern am Albis. «Die Verhandlungen für die nächste Nutzung laufen bereits», sagt Samuel Bieber von Erne Holzbau. Damit eine solche Mehrfachnutzung auch funktioniert, gilt es einige Eckpunkte zu beachten: Die Statik zählt ebenso dazu wie die Abmessungen der Module, ihre Normierung, ihre Nutzung und ihre Gestaltung (siehe Box).
So klappt die Mehrfachnutzung
Damit Modulbauten oder einzelne Module problemlos mehrfach verwendet werden können, sollten einige wichtige Punkte beachtet werden:
Statik. Wie viele Module können übereinandergestapelt werden? Wie sieht es mit den Schneelasten aus? «Diese Fragen sind oft entscheidend, wenn wir gebrauchte Module an einem neuen Standort einsetzen möchten», sagt Samuel Bieber von Erne Holzbau. Unter Umständen müsse dann beispielsweise in schneereicheren Lagen auf ein Geschoss verzichtet werden, um die höheren Lasten kompensieren zu können.
Masse. Module bis zu 3,45 Metern Breite, 2,7 Metern Höhe und 22 Metern Länge lassen sich ohne grosse Einschränkungen auf der Strasse transportieren. Um die Einheiten rasch umziehen zu können, sollten diese Masse nicht überschritten werden.
Normierung. Der jeweilige Hersteller sollte Module für dieselbe Nutzung – beispielsweise für Schulen oder Bettenhäuser von Spitälern –unabhängig vom Nutzer immer im gleichen Raster erstellten. «So können später auch Module, die von verschiedenen Standorten zurück kommen, zu einem neuen Gebäude verbunden werden», sagt Bieber. Dadurch lasse sich die Zahl der Einsatzzyklen und damit auch die Nachhaltigkeit positiv beeinflussen.
Identische Nutzung. Um teure und aufwendige Anpassungen zu vermeiden, ist es sinnvoll, bestehende Module möglichst wieder für dieselbe Nutzung einzusetzen.
Architektur. Wie bei Modulbauten für den dauerhaften Einsatz gibt es bei der Gestaltung von wiederverwendbaren Modulen nur wenige Einschränkungen. «Für die meisten Architekten, mit denen wir zusammenarbeiten, ist der Umgang damit kein Problem», sagt Samuel Bieber von Erne Holzbau. Aufgrund der Holzbauweise und der hinterlüfteten Aussenwandkonstruktion bestehen beispielsweise grosse Freiheiten bei der Grösse und Position von Fenstern und bei der Gestaltung der Fassadenoberfläche. Gleiches gilt im Innern. Im besten Fall lassen sich temporäre Modulbauten nicht von permanent genutzten, vorgefertigten Holzbauten unterscheiden. Den grössten Einfluss auf die architektonische Gestaltung hat die Nutzungsdauer am jeweiligen Ort: Eilt die Realisierung und ist die Standzeit kurz, werden in der Regel Fassaden und innere Oberflächen gewählt, die sich im Werk bereits montieren lassen. Vor Ort müssen die Stösse innen und aussen dann nur noch abgedeckt werden. Solche Lösungen wirken meist simpler und verhehlen den provisorischen Charakter des Gebäudes nicht ganz. Die sichtbaren Stösse können aber durch eine entsprechende Fassadengestaltung auch geschickt in die Architektur integriert werden – ein Beispiel dafür ist das Provisorium der Kantonsschule in Uetikon im Kanton Zürich. Bleibt ein Modulbau hingegen über mehrere Jahre am selben Ort, ist es möglich, die Fassade und Teile der inneren Oberflächen auch erst vor Ort anzubringen. Dann muss auch keine Rücksicht auf die Modulstösse genommen werden. Entsprechend eleganter kommt die Optik solcher Modulbauten dann meist auch daher. Interessantes Detail: Ein gestalterisches Upgrade ist jederzeit möglich, etwa sobald die gebrauchten Modulbauten für längere Zeit an einem neuen Standort aufgebaut werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die temporären Schulbauten in der Stadt Basel. So war beim Schulgebäude Hirzbrunnen die modulare Struktur klar ablesbar. Am langfristigen Standort Horburg hingegen ist das Gebäude kaum wiederzuerkennen. Eine elegante, graue Fassadenverkleidung aus Holz bindet die Module zu einem einzigen Gebäude zusammen. «Die Basler Schulbauten zeigen die grosse Wandelbarkeit mehrfach nutzbarer Module», sagt Samuel Bieber von Erne Holzbau.
Zeitraffer: Ralf Dieter Bischoff
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