Unter dem Titel «Sanieren, erneuern, weiterbauen – heute für morgen» luden die Renggli AG und Modulart am 20. März 2019 Vertreter des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu einer Fachveranstaltung im Werk von Renggli in Schötz LU ein. Einfache Rezepte gab es keine, dafür handfeste Strategien für einen zukunftsgerichteten Umgang mit Wohnliegenschaften.

Wir müssen lernen, kluge Gebäude zu entwickeln und diese mehrfach zu reproduzieren.

Max Renggli, Inhaber Renggli AG, Schötz

Der Wohnungsbau steht vor grossen Herausforderungen: Das Bevölkerungswachstum erfordert vor allem in den Zentren mehr Wohnraum, gleichzeitig sind die Baulandreserven knapp, die Ziele des Klimaschutzes sollen erreicht werden und Wohnungen auch für Menschen mit kleinerem Budget bezahlbar bleiben. Deshalb werden die gemeinnützigen Wohnbauträger künftig eine wichtige Rolle spielen. Doch wie sollen diese den Herausforderungen begegnen? Wie sollen sie mit ihrem Gebäudepark umgehen? Sanieren und nachverdichten oder doch lieber auf Ersatzneubauten setzen? Und welche Rolle könnten in diesem Zusammenhang systemische Bauweisen bieten?

An der gemeinsamen Fachtagung von Modulart und Renggli AG am 20. März nahmen Fachleute aus verschiedenen Bereichen mit Referaten und einer Diskussionsrunde das Thema auf. Eines vorweg: Eins zu eins umsetzbare Rezepte konnten sie den Vertretern des gemeinnützigen Wohnungsbaus im Saal nicht liefern, dafür aber Lösungsansätze und Denkweisen aufzeigen, mit denen sich künftig gescheite individuelle Lösungen erarbeiten lassen.

Den Anfang machte Michael Trübestein, Professor an der Hochschule Luzern. Er hat in einer Studie mit institutionellen Anlegern Optimierungsstrategien im Nutzungszyklus von Immobilien erarbeitet. Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Arbeit ist auch für gemeinnützige Wohnbauträger interessant: Über den gesamten Lebenszyklus hinweg entstehen achtzig Prozent der Kosten eines Gebäudes während der Nutzungsphase. Deshalb, so Trübesteins Empfehlung, müsse bei der Wahl einer Sanierungsstrategie klar zwischen wirtschaftlichen und idealisierten Aspekten unterschieden werden. So wie es beispielsweise verschiedene Pensionskassen machen, die in Neubauten möglichst auf komplexe technische Installationen verzichten. Diese würden zwar bei der Vermarktung Vorteile bringen, langfristig aber zu hohen Unterhaltskosten führen.

Dank einfacher statischer Strukturen konnten wir günstiger bauen.

Benjamin Zemann, Vorstandsmitglieder Baugenossenschaft Gesewo, Winterthur.

Einfache, systematische Bauweisen und Vorfertigung waren auch wichtige Elemente des Forschungsprojekts «Living Shell», das Ulrike Sturm, Professorin an der Hochschule Luzern, vorstellte. Die Idee: Bestandesbauten sollen mit einem modularen System einfach aufgestockt werden können und so einen Beitrag zur baulichen Verdichtung leisten. Verschiedene untersuchte Fallbeispiele zeigen, dass die Idee vor allem bei Bauten aus den 1950er- bis 1970er-Jahren funktionieren könnte. Leider fehlt der gebaute Beweis bis heute, da noch kein Projekt mit dem System realisiert wurde. «Wir sind aber überzeugt, dass Living Shell eine gute Alternative zum Ersatzneubau ist», sagte Ulrike Sturm.

Wohnbauten aus den 1950er- bis 1970er- Jahren bieten viel Potential für Aufstockungen.

Benjamin Zemann, Vorstandsmitglieder Baugenossenschaft Gesewo, Winterthur.

Dort wiederum wo Ersatzneubauten der bessere Weg sind – etwa in stark unternutzten Wohnsiedlungen mit schlechter Substanz, könnte das Swisswoodhouse ein passender Ansatz sein. Ein erstes Projekt wurde 2016 in Nebikon LU realisiert, ein zweites befindet sich derzeit in der Planung. Swisswoodhouse wurde von der Renggli AG zusammen mit Bauart Architekten aus Bern entwickelt und basiert auf einem einfachen Rastersystem. «Jedes Feld des Rasters lässt sich individuell bespielen und ermöglicht so eine Vielzahl an Grundrisslösungen», sagte Stefan Graf von Bauart Architekten. Dadurch liessen sich mit demselben Bausystem ganz unterschiedliche Wohnbauten erstellen.

Für Max Renggli, Inhaber der Renggli AG, ein Ansatz mit grossem Potenzial, wie er in der anschliessenden Diskussions- und Fragerunde ausführte: «Die Bauwirtschaft ist aktuell völlig falsch unterwegs und Innovationen werden disqualifiziert.» Deshalb, so sein Credo, brauche es als Antwort auf die künftigen baulichen Herausforderungen kluge Gebäudekonzepte, die sich mehrfach reproduzieren liessen. Die alten Rezepte scheinen also ausgedient zu haben, neue Ansätze sind nötig oder wie es Michael Trübestein von der Hochschule Luzern schliesslich auf den Punkt brachte: «Es braucht ein disruptives Denken.»

STIMMEN AN DER FACHVERANSTALTUNG

«Optimierungen im Immobilienbestand sind sehr wichtig.»
Prof. Dr. Michael Trübestein, Hochschule Luzern

«In unserer schnelllebigen Welt ist die Flexibilisierung bei Immobilien ein grosses Thema.»
Prof. Dr. Michael Trübestein, Hochschule Luzern

«Mit unserem Baukasten für Aufstockungen möchten wir eine Alternative zu Ersatzneubauten anbieten.»
Prof. Dr. Ulrike Sturm, Hochschule Luzern

«Das Swisswoodhouse ermöglicht unterschiedlichste Grundrissformen innerhalb eines standardisierten Bausystems.»
Stefan Graf, Partner, Bauart Architekten und Planer

«Gescheit geplante Gebäude lassen sich während ihrer Lebensdauer mit vertretbarem Aufwand immer wieder an neue Bedürfnisse anpassen.»
Stefan Graf, Partner, Bauart Architekten und Planer

«Innerhalb unseres Liegenschaftsportfolios stehen verschiedene Sanierungen und Optimierungen an – in diesem Zusammenhang ist der vorgefertigte Holzbau eine interessante Möglichkeit.»
Simon Peggs, Leiter Bereich Bau und Unterhalt, Wohnbaugenossenschaft Geissenstein EBG, Luzern

Tagungsunterlagen bestellen.

Mit folgendem Link können Sie die Slides zu den Inputs der Referentinnen anfordern.

Ähnliche Artikel

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.