Vorab: Das Buch ist hochromantisch und verführerisch. Man findet darin etliche gutaussehende Hipster und Hipsterinnen, die sich ihren (Kindheits-)Traum des mobilen Schneckenhauses erfüllt haben. Die meisten Projekte sind Prototypen und kaum für die Serie gedacht oder modular einsetzbar. Trotzdem sind sie vorbildlich. Die Behausungen auf Zeit nehmen Themen auf, die allen permanenten Behausungen auch gut anstünden. Das «Walking House» der dänischen Aktivistengruppe N 55 etwa ist weniger wegen seiner staksigen Fortbewegung im Schneckentempo interessant, sondern weil die sechseckige Box auf kleinstem Raum sich selbst genügt. Es produziert über Solarzellen Strom und heizt über Kollektoren das Wasser oder sammelt das Regenwasser mit dem man sich, nachdem man das Kompost-WC benutzt hat, die Hände waschen kann.
Nicht selbstgenügsam, sondern parasitär funktioniert das «Tricycle House» von Peoples Architecture Office. Es nutzt, was ungenutzt ist, etwa Parkplätze nachts in der Innenstadt oder alte Velos als Gefährte. Dieses Velohaus fragt nach der Privatsphäre des öffentlichen Raums und zeigt, wie man ein mobiles Heim aufs Minimum reduzieren kann und trotzdem nur Lowtec dafür braucht. Auch die «Sleepbox» der Arch Group will ein fehlender Baustein im Leben der urbanen Nomaden sein: Die kleine Schlafbox soll an Flughäfen oder Bahnhöfen den durch die Länder ziehenden Arbeitsnomaden temporären Raum für Erholung bieten – sozusagen als Powernap-Kiste. Mit noch weniger Material zeigt die «Parkbench bubble» von Thor Ter Kulve, wie das Heim der freiwillig Heimlosen auf eine Kunststoff-Hülle gegen den Regen und einen USB-Stecker reduziert werden kann. So einfach ist das.
The New Nomads. Temporary Spaces and a Life on the Move. Nur englische Ausgabe, Gestalten & Michelle Galindo, Berlin 2015.
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