3253 Hits zum Stichwort «Bauhaus» zeigt das Suchportal der ETH-Bibliothek. An Bauhaus-Büchern besteht wahrlich kein Mangel. Dennoch sind im Jubiläumsjahr unzählige Publikationen dazu gekommen. Wir stellen vier Neuerscheinungen vor, die uns deshalb wichtig scheinen, weil sie – wie wir unseren Gesprächspartnern – Fragen stellen. Welche Bauhaus-Ideen sind heute noch relevant? Wo wäre es gut, wieder anzuknüpfen, wo, sich zu distanzieren? Was war die Rolle der Frauen am Bauhaus? Und wie vermitteln wir das Wissen vom Bauhaus der kommenden Generation von Baukünstlerinnen und Designern?

Was wäre wohl aus dem Bauhaus geworden, sinniert ETH-Professor Philipp Ursprung in «Unser Bauhaus-Erbe», wenn dessen Zeit nicht so begrenzt gewesen wäre. Hätte es sich den Anpassungen unter dem politischen Druck in Nazi-Deutschland erschöpft ergeben? Wäre es später, vom eigenen Erbe gelähmt, Mittelmass geworden? Oder würde seine Geist weiter bestehen? Doch «welche Bereicherung für das Entwerfen und Denken wäre es, wenn die Studierenden auch [heute noch] weben, schreinern oder schweissen lernten», träumt der ETH-Professor weiter. Er und neun andere international renommierte Architekturprofessorinnen und -doyens zeigen die Bedeutung des Bauhauses für den heutigen akademischen Diskurs auf. Die neue Publikation knüpft an den vor einem Jahr erschienenen Band «Mein Bauhaus. 100 Architekten zum 100. Geburtstag eines Mythos» an, in dem die Herausgeberin Sandra Hofmeister hundert Stimmen und Kurzstatements, Skizzen und Fotos versammelte. In ihrem Beitrag zur Neuerscheinung wiederum beleuchtet Hofmeister die Situation der Frauen am Bauhaus und verknüpft sie mit der Gleichberechtigungsdebatte in der Architektur von heute.

Die 45 Bauhaus-Frauen, die zu Unrecht in den meisten Geschichtsbüchern vergessen worden sind, stehen auch im Fokus von «Frauen am Bauhaus. Die wegweisenden Künstlerinnen der Moderne». Der umfangreiche Überblick zeigt auf, wie das Bauhaus Frauen aus der ganzen Welt anzog und die kosmopolitischen Künstlerinnen, Designerinnen und Architektinnen weltweit bekannt wurden. Gerade die Frauen gehörten auch zu den erfolgreichsten Studierenden: einige von ihnen wurden Meisterinnen und Lehrerinnen am Bauhaus und an anderen Institutionen, andere arbeiteten erfolgreich als Keramikerinnen, Weberinnen, Möbelgestalterinnen oder Fotografinnen. Nach der Lektüre wird jedem Leser klar, was jede Leserin schon vorher wusste: Die Rolle der Frauen am Bauhaus war zentral, und auch wegweisend für die Rolle der Frau in der modernen Kunst.

Mit witzigem, unverkrampftem Blick wagt sich die wissenschaftliche Autorin Gesine Bahr ans Bauhaus: mit 50 Fragen und Antworten. Neben Naheliegendem – etwa «Warum heisst das Bauhaus ‹Bauhaus›?» oder «Was sind Bauhausklassiker?» – bespricht sie auch gesellschaftlich Relevantes («Inwiefern hat es das Bauhaus geschafft, die Gesellschaft zu verändern?»), verhandelt Bauhaus-Internas («Gab es Bauhauskinder?») oder zeigt damals konträre Standpunkte auf («Brauchte das Volk keinen Luxus?»). Eine Antwort auf Letztere liesse sich auch aus der Anschlussfrage «Was sind vertikale Brigaden?» herauslesen.
Warum die Bauhausfarben Rot, Gelb und Blau sind, wird nicht nur auf der Sprachebene beanwortet; auch sämtliche Illustrationen im Buch sind in den Bauhausfarben gehalten. So kommt das Buch leicht und verspielt daher, richtet sich aber gemessen an seinem Inhalt eher an fortgeschrittene Bauhäusler, die schon eine Ahnung vom Thema haben.

Stichwort «verspielt»: Dank Seemanns Bilderbande dürften selbst Kinder schon früh wissen, was das Bauhaus war; «Mit dem Bauhaus um die Welt» ist bereits das fünfte Bauhaus-Kinderbuch der Reihe. Junge Wissbegierige reisen zusammen mit Lotte und Max um die Welt und folgen den Spuren von elf Bauhaus-Künstlerinnen und -Künstler. Etwa Anni Albers, die in Mexiko Inspiration für ihre künstlerische Arbeit fand, oder Arieh Sharon, der das Bild der «Weissen Stadt« von Tel Aviv mitprägte. Die coolen Bilder der Illustratorin Zsuzsanna Ilijin und eine Weltkarte bieten den kleinen Forscherinnen und Forschern Einblicke in Werk und Lebensstationen der Bauhäusler.

Bibliographie

«Unser Bauhaus-Erbe»,
herausgegeben von Sandra Hofmeister, mit Beiträgen von Aaron Betsky, Kenneth Frampton, Philip Ursprung u.a., Fotoessay von Friederike von Rauch. Edition Detail, 2019, Fr. 61.50

«Frauen am Bauhaus. Die wegweisenden Künstlerinnen der Moderne»,
von Patrick Rössler und Elizabeth Otto, Knesebeck Verlag, 2019, Fr. 51.90

«Das ist das Bauhaus! 50 Fragen – 50 Antworten»,
von Gesine Bahr, illustriert von Halina Kirschner, Seemann Verlag, 2019, Fr. 31.90

«Mit dem Bauhaus um die Welt»,
herausgegeben von Stiftung Bauhaus Dessau, E.A. Seemanns Bilderbande, 2019, Fr. 21.90, ab 8 Jahren

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